Trust in code

Thoughts on tech by Antje Kazimiers

Das eigene Tun ethisch einordnen

Als Informatiker/-in kann es schon vorkommen, dass man an einem Punkt angelangt, an dem man sich fragt, ob man die eigene Tätigkeit mit den persönlichen Überzeugungen vereinbaren kann. Genauer gesagt geht es um Fragen, wie solche, ob das was man tut, einen Wert besitzt und etwas Sinnstiftendes entsteht oder ob es nutzlos ist oder vielleicht sogar Schaden anrichtet. Der Chaos Computer Club macht da eine sehr gute Arbeit, indem er Risiken von Technologien und Konsequenzen politischer Entscheidungen herausarbeitet und Aufmerksamkeit für diese Themen erzeugt. Auch gab es zu meiner Zeit im Studium eine Vorlesung Informatik und Gesellschaft, in der diese Dinge besprochen wurden. Also hat man schon Möglichkeiten, über den Tellerrand des eigenen Tuns zu schauen und seine Tätigkeit in einen größeren Kontext zu setzen.

Bleibt die Frage, was man tut, wenn man an dem Punkt angelangt, an dem man seine eigene Arbeit ethisch infrage stellt. Ich habe das Gefühl, dass es wenig Menschen gibt, die darüber sprechen, welche Möglichkeiten es da gibt. Aus dem Grund geht es in diesem Post um zwei Personen, die mir (auf einer Konferenzbühne und in einem Artikel) begegnet sind, die aus meiner Sicht eine Antwort auf diese Frage geben.

Zeynep Tufekci

Zeynep Tufekci hielt eine der Keynotes auf der DrupalCon 2017: Technology and Its Workforce at an Ethics Crossroad. Es ging darum, dass viele Tendenzen zu beobachten sind, mit den heutigen Technologien etwas herzustellen, was uns sehr beunruhigen sollte. Dass z. B. mit Micro Targeting Menschen über die sozialen Netzwerke beeinflusst werden, ohne dass dies für die Öffentlichkeit sichtbar und schon gar nicht kontrollierbar ist. Und ganz im Allgemeinen, hier werden autokratische Systeme geschaffen. Die Datensammelwut ist enorm, Algorithmen “wissen” sehr viel über uns und können allein durch die Daten, die wir beim Online-Shopping und in den sozialen Netzwerken abgeben, viel über uns vorhersagen.

Sie nimmt aber auch wahr, dass sich viele, die sich im Tech-Sektor bewegen, Gedanken über ihr Tun machen. Anders als in anderen Industrien können IT-Leute es sich oft aussuchen, wo sie arbeiten, weil sie überall gesucht werden. Zeynep glaubt aber, dass sich dies in Zukunft ändern wird. IT-Berufe werden für mehr Menschen zugänglicher werden und nicht mehr nur eine sehr hochprofessionelle Minderheit wird in der Lage sein, die Systeme zu entwickeln.

Zeynep’s Rede war ein Aufruf, mit den Skills, die Programmierer/-innen haben, sinnvolle Dinge zu schaffen. Und mehr Menschen einzubeziehen, die eine ganz andere Lebenswirklichkeit als der/die “typische Nerd/-in” haben (sie schließt sich da selbst mit ein, da sie auch selbst einmal Programmiererin war) und so Aspekte einbringen, an die ein IT-ler vielleicht sonst nicht gedacht hätte.

Mich hat Zeynep’s Wille, etwas zu verändern und ihr Optimismus, dass dies möglich ist, sehr bewegt und begeistert.

Michal Kosinski

Michal Kosinksi erforschte, wie man anhand von Daten eines sozialen Netzwerks Persönlichkeitsmerkmale vorhersagen kann. Die gesamte Geschichte ist in diesem Artikel gut nachzulesen. Man kann Zusammenhänge zwischen seiner Arbeit und dem Wahlerfolg Trumps im Jahr 2016 ziehen und demzufolge kann man die Frage stellen, ob seine Arbeit ethisch vertretbar ist.

Da Kosinksi über seine gesamte Arbeit publiziert hat, haben wir die Möglichkeit, genau zu verstehen, wie die Methode funktioniert. Geschieht dasselbe in einem großen Unternehmen, würde vermutlich nicht so viel Wert auf Publikation gelegt. Den folgenden Satz in dem verlinkten Artikel finde ich aufschlussreich, wenn man darüber nachdenkt, wie man damit umgehen kann, wenn man als Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit mit ethischen Bedenken konfrontiert ist:

Kosinski antwortet auf die Entwicklungen mit der schärfsten Waffe, die einem Forscher zur Verfügung steht: mit einer wissenschaftlichen Analyse.

Über die Publikation kann ein Diskurs entstehen und was man versteht, kann man vermutlich auch kontrollieren.

This is day 19 of my #100daystooffload series, a challenge to write 100 blog posts in a year.